Tagebucheintrag 86

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Liebes Tagebuch,

gestern hatte ich mein erstes Treffen mit Rüdiger.

Nun, das war alles anders, als erwartet.

Rüdiger kam nämlich nicht. Es kam Basti.

Du kannst dir sicherlich vorstellen, wie ich geguckt habe. Ich war völlig platt und wusste nicht, was ich sagen sollte und ob ich sauer oder gerührt sein sollte.

Basti gab mir, Coronakonform, die Faust zur Begrüßung und stellte sich als „Rüdiger, ich habe einen Termin um 15:30 Uhr bei Ihnen.“, vor.

„Ok, daher weht der Wind.“, dachte ich, gab ihm die Faust und bat ihn hinein.

Ich spielte also mit und bat ihn sich zu setzen und regelte ein paar Formalitäten (Bezahlung, Terminvergabe, Schweigepflicht etc.) mit ihm.

Dann ging das eigentliche Gespräch los.

Rüdiger, als Basti, erzählte mir, dass er seit ein paar Jahren eine Freundin hätte und sie ihn sehr glücklich machen würde. Sie wäre häufig etwas schräg, aber eine ganz großartige Person. Er meinte, er hätte niemals Kinder haben wollen, er hätte sich das einfach nicht vorstellen können, doch seitdem er sie kennen würde wäre da plötzlich dieser Wunsch nach Kinder, Hund und Häuschen entwickelt und wäre immer stärker und stärker geworden.

Ich musste ja in meiner Rolle bleiben und fragte ihn daher, dass sich das doch toll anhören würde, er aber sicherlich nicht heute hier sein würde, wenn es wirklich so toll sein würde.

Da erzählte er, dass er und seine Freundin sich von Tag 1 an einig gewesen sind, dass Familie, Heirat und der ganze Kram für sie beide einfach nicht in Frage kommen würde. Und das Problem sei, dass sie es immer noch so sehen würde…er aber nun einmal nicht.

Ich nickte und bestätigte heiser, dass das wirklich ein Problem sei.

Er schaute mich traurig an. „Ja, und eine andere Frau kommt für mich einfach nicht in Frage. Ich will keine Kinder, keinen Hund oder ein Häuschen, wenn ich sie nicht mit ihr haben kann…aber mit ihr will ich das einfach unbedingt!“

Ich bemerkte, dass ich Tränen in die Augen bekam.

Er auch.

„Und da ist noch etwas.“, sagte er mit belegter und leicht zitteriger Stimme.

„Maja, ich habe mein Versprechen gebrochen. Ich habe dein Tagebuch gelesen. Ich weiß es. Ich weiß alles.“

Das was ich als Nächstes weiß, ist, dass ich auf dem Boden liege und Basti neben mir sitzt. Ich bin wohl einfach umgekippt. Basti meinte, ich hätte einfach aufgehört zu atmen, als hätte ich es vergessen, wäre blau angelaufen und umgekippt. Zum Glück hätte ich dann aber wieder normal geatmet und wäre bald auch wieder aufgewacht.

Nun sind wir bei uns Zuhause.

Ich hatte dann meine Termine für heute und morgen abgesagt, ich denke, Basti und ich müssen reden…