Liebes Tagebuch,
heute will ich dir erzählen, wie es damals mit mir weiterging.
Wir fuhren also an einen Ort weit weg von der Universität und ich habe, trotz aufkommender Zweifel, nicht meinen Mund aufgemacht und nicht nachgefragt, was hier gerade passiert.
Am Zielort angekommen brachte man mich in eine Art Lagerhalle. Die Zweifel wurden größer. Dort brachte man mich in einen Raum in dem die führenden Wissenschaftler meiner Universität versammelt waren. Alle beglückwünschten mich zu meiner mutigen Tat und was mein herausragender Mut für die Forschung bedeuten würde. Innere Panik brach in mir aus. Was hatte ich getan? Was würde hier passieren? Wofür zum gratz (sinngemäß Teufel) hatte ich mich hier bloß gemeldet?
Ich blieb nicht lange im Unklaren. Der Leiter der Forschungsgruppe, die übersetzt soviel wie „Unterintelligentes Leben im Weltall“ bedeutet erläuterte mir und den anderen anwesenden noch einmal in kurzen Worten worin meine „großartige Heldenleistung“ bestehen würde (seine Worte…nicht meine):
– mein Sein wird aus meinem Körper entfernt…bei Tokkichs (vielleicht vom Ansehen her vergleichbar mit Laborratten) ist das durchaus schon erfolgreich gelungen. Ich traute mich nicht nachzufragen, was „durchaus“ in diesem Zusammenhang denn bedeuten möge.
– mein Sein wird auf einen anderen Planeten gebracht (später erfuhr ich dann, dass es die Erde sein würde)
– mein Sein wird in einen verstorbenen Körper eines einheimischen Planetenbewohners (Mensch) implantiert. Dieser soll dadurch wieder lebendig werden. Also ich bin dann in diesem Körper.
– mein neuer Körper und ich leben ca. 10-40 Jahre auf der Erde und erforschen die Tier- und Pflanzenwelt (dazu zählen natürlich auch die Menschen, diese sind für meine Spezies aber auf der etwa gleichen Entwicklungsstufe wie die restliche Tierwelt und daher nicht explizit zu erwähnen).
– ich werde wieder von der Erde abgeholt, aus dem Körper entfernt und bei mir wieder eingesetzt. Mein Körper wird hierfür in eine Art Gelee (der Professor nannte es natürlich anders, aber er zeigte Bilder…und es war eindeutig Gelee) gelegt, damit er für mich frisch bleibt.
Am Ende war noch Zeit für Fragen. Ich fragte nichts. Ich war sprachlos, gelähmt, verloren, panisch und hatte einen kompletten…ihr Menschen sagt „Hirnfurz“.
Was ich wohl besser gefragt und gesagt hätte:
– woher kommt diese große Zeitspanne die ich auf der Erde bin und wonach richtet sie sich? 10 oder 40 Jahre ist schließlich ein nicht zu verachtender Unterschied.
– Wie lange sind überhaupt 10-40 Erdenjahre? (Wusste ich damals ja noch nicht)
– Wie sicher ist es, dass mein Sein es heile aus meinem Körper heraus, in den Menschen hinein und später wieder hinaus schafft?
– Was genau sind Menschen?
– Was ist, wenn ich früher nach Hause will?
– Wie erforsche ich einen ganzen Planeten?
– Wo genau liegt die Erde?
– Kann ich mit jemanden von meiner Art während meiner Zeit auf der Erde kommunizieren/Kontakt aufnehmen?
– Kommt noch jemand mit? Vielleicht sogar jemand, der Ahnung von dem ganzen Zeug hat?
Ja, das alles hätte ich sagen und fragen können. Am wichtigsten wäre wahrscheinlich aber folgende Frage gewesen: Wie zum gratz komme ich aus dem ganzen Schlamassel wieder raus? Vielleicht wäre auch lautes Schreien, sich auf den Boden werfen und weinen eine gute Lösung gewesen und hätte meine Meinung bzw. meine Bedenken zu dem ganzen Unterfangen verdeutlicht.
Doch ich sagte: nichts. Und ich tat… genau: nichts. Mein Hirn war blank. Ich war so perplex, ich war zu keiner Regung in der Lage. Ich hatte einen Blackout. Nur so kann ich es mir erklären, denn das Nächste, an das ich mich erinnere ist, dass ich auf einem OP-Tisch liege. Doch das ist eine kurze Erinnerung, denn schon setzt die Narkose ein. Bähm! Nächste Erinnerung: Ich wache auf. Auf der Erde. Alleine. Ohne Plan. Ohne Ahnung. In einem ganz schrägen Körper. „Muss wohl menschlich sein.“ ist mein erster vollständiger Gedanke bevor ich laut anfange endlich zu schreien.
So, dass ist also die Geschichte, wie ich auf die Erde kam. Wenn ich das mir alles noch einmal mit Abstand durchlese, kann ich einfach nicht verstehen, wie ich so unglaublich dumm sein konnte.