Liebes Tagebuch,
wie versprochen berichte ich dir jetzt von Tobi und seinem Gespräch mit seiner Nachbarin.
Wie schon berichtet: Es lief so gar nicht gut.
Die Nachbarin kam wie verabredet zu Tobi und sie setzten sich bei ihm auf den Balkon (es ist ja noch immer Corona…). Tobi hatte Kuchen gekauft und Kaffee gekocht. Sie wollte lieber Tee. Tobi berichtete ihr, dass er sehr gerne neben ihr wohnen würde und zählte den gegenseitigen Nutzen (Briefkastenleerung, Paketannahme und Blumen gießen, wenn einer im Urlaub ist, Mehl, Zucker und Eier leihen etc.). Tobi meinte, dass seine Nachbarin schon an der Stelle nicht so ganz seiner Meinung gewesen sei (sie wäre ja so gut wie nie im Urlaub und nur er hätte sich einmal zwei Eier geliehen…sie sich von ihm niemals etwas). Doch er wollte an seinem Plan festhalten. Also erklärte er ihr, dass er sich aktuell durch ihre laute Musik gestört fühlen würde und, dass er gerne mit ihr gemeinsam eine Lösung dafür suchen würde. Seine Nachbarin ging wohl dann sofort auf Widerstand. Wieso sie eine Lösung suchen müsse, wenn es schließlich nur ihn stören würde. Sie selbst hätte ja schließlich kein Problem. So fing dann eine sehr hitzige Diskussion an. Hier ein paar Highlights:
> er: dich würde es doch aber auch stören, wenn ich laute Musik spielen würde
+ sie: das würde mich überhaupt nicht stören, mach das doch einfach
> aber ich will doch lieber meine Ruhe, ich mag gar keine laute Musik
+ dann lass es eben, keiner zwingt dich deine Musik laut zu machen
…
> was würdest du davon halten, wenn du Kopfhörer benutzen würdest?
+ und dann immer mit dem Kabel überall hängen bleiben?
> Du könntest auch einen kabellosen Kopfhörer nehmen
+ damit dann andauernd die Verbindung abbricht?
> Ich glaube nicht, dass das passiert, du könntest es doch einmal ausprobieren
+ der Sound ist einfach nicht der gleiche. Außerdem versaut mir das meine Frisur
> welche Frisur?
+ sag mal tickst du noch ganz sauber? Was fängst du an mich hier jetzt zu beleidigen? Du wolltest schließlich dieses Treffen, weil dich Mimose meine geile Musik stört
…
> ich möchte doch einfach nur eine gemeinsame und friedliche Lösung finden, die für uns beide funktioniert
+ weißt du, welche Lösung für mich perfekt wäre? Wenn du einfach ausziehen würdest und ich endlich einen coolen Nachbarn bekomme.
> ich werde nicht ausziehen
+ ich werde meine Musik nicht leiser machen
> wieso bist du nur so stur?
+ wieso bist du bloß so ein unmusikalischer Schlaffi?
> … (er schwieg)
+ … (sie stürmte wütend aus der Wohnung, in ihre Wohnung und drehte die Musik voll auf)
Tobi meinte, er hätte noch eine Weile auf dem Balkon gesessen, bis es anfing zu regnen. Er räumte dann den Tisch auf, warf den Kuchen weg, schüttete den Kaffee in die Spüle, setzte sich an seinen Küchentisch und fing an zu weinen.
Als er das erzählte fing er direkt wieder an zu weinen. Es blieb mir nicht weiter übrig als ihn zu trösten und Mut zu zusprechen. Leider blieb dann keine Zeit mehr, um das Gespräch aufzuarbeiten oder neue Pläne zu machen. Aber ich habe ihm zum Glück direkt einen neuen Termin für übermorgen geben können, da ein anderer Patient abgesagt hat.