Tagebucheintrag 19

Veröffentlicht in: Uncategorized | 0

Liebes Tagebuch,

heute war ein sehr langer Tag auf der Arbeit. Irgendwie fühlten sich die Termine endlos an und die Gespräche waren nicht wirklich spannend.

Ich bin ja Lebensberaterin oder Lebenscoach. Ich brauchte damals, als ich hier angekommen (oder besser gesagt: wie eine leergegessene McDonaldstüte aus dem Fahrzeug geworfen) bin, dringend schnell einen Job. Man hatte mir zwar für den Start etwas Geld gegeben, doch ich musste schnell lernen, dass das Leben hier auf der Erde ziemlich teuer sein kann.

Ich hatte, durch meinen neuen Körper, zwar eine Vorgeschichte mit entsprechender Schulbildung etc. doch in Wirklichkeit hatte ich einfach keine Ahnung, weder von den Grundsätzen des menschlichen Lebens noch von den Inhalten „meiner“ bisherigen schulischen Bildung. Also brauchte ich einen Job für den ich keine bestimmte Ausbildung oder Leistungsnachweise benötige, in dem ich möglichst keine Kollegen oder einen Chef habe (die könnten sonst vielleicht unpraktische Fragen stellen) und einen Job, in dem ich viel über Menschen lernen konnte. Ich habe dann im Internet etwas herum gesucht. Zack! Lebenscoach!

Bitte verstehe mich nicht falsch liebes Tagebuch, ich weiß, dass es viele Lebenscoachs gibt, die eine gute Ausbildung haben und wirklich sehr gut in ihrem Job sind. Ich war nämlich bei sehr vielen, um möglichst viel über meinen neuen Beruf zu „lernen“. Einige fand ich wirklich toll. Ich gebe mir auch wirklich viel Mühe, den Menschen zu helfen. Im Gegenzug bekomme ich reichlich Einblick in die Welt der Menschen (und natürlich Geld).

Schon erstaunlich, wie einfach das ging…eine Website basteln, ein Büro bzw. eine Praxis mieten und ein Schreibtisch, Stühle und ein Sofa reinstellen (unbedingt noch an ein paar Grünpflanzen und Landschaftsbilder denken). Fertig. Dann musste ich nur noch auf meine Patienten warten. Kaum einer wollte etwas genaueres über meine Qualifikation oder meinen Lebenslauf wissen. Herrlich. Menschen sind manchmal wirklich ein wenig naiv.

Ich habe, neben meinen Besuchen bei „echten“ Lebensberatungen, zur Vorbereitung auf meinen Job viele Bücher zum Thema Lebenscoaching etc. gelesen und eigentlich muss ich ja nur dasitzen und nicken. Die meisten meiner Patienten wollen gar nicht mehr…nur jemand der ihnen zuhört. Andere wollen einfach etwas quatschen. Sie scheinen das Gefühl zu haben, dass niemand für sie da ist. Am schwierigsten sind die Menschen, die tatsächlich einen Rat möchten, die „geleitet“ werden wollen… Also so richtig ist das ja auch nicht meine Aufgabe als Lebensberaterin. Ich sage ja nicht, was richtig und was falsch ist oder sage Leuten, wie sie sich benehmen sollen. Einige Menschen wollen aber genau das. So etwas wie eine Mutter, die ihnen sagt, welcher Weg der richtige ist. Doch das kann ich nicht…und nicht nur, weil ich ein Alien bin, sondern weil Lebenscoaching so einfach nicht funktioniert. Ich versuche dann mit geschickten Fragen die Menschen zu ihren eigenen Antworten zu leiten. Mhhh vielleicht bin ich doch kein so schlechter Coach.

Naja blabla, ich weiß gar nicht, wieso ich den ganzen Kram aufschreibe. Ich wollte bloß festhalten, dass der Tag heute langweilig war. Es ging um kranke Katzen, gemeine Stiefmütter (also, ich kann in dem Fall das Verhalten der Stiefmutter sehr gut verstehen), einen Strafzettel und eine unglückliche Jobwahl (ist Kassiererin, möchte aber Tänzerin sein).

Zum Glück ist Feierabend. Also Füße hoch und Bier auf.